Linkshand- oder Rechtshandbogen? So triffst du die richtige Wahl

Beim Bogenschießen spielen viele Faktoren eine Rolle, um am Ende präzise ins Ziel zu treffen. Neben Bogenlänge, Zuggewicht und Material ist eine der grundlegenden Entscheidungen die Wahl zwischen einem Linkshand- oder Rechtshandbogen. Doch was bedeutet das eigentlich genau? Geht es nur um die Hand, mit der du die Sehne ausziehst, oder hat es noch andere Auswirkungen auf deine Schusstechnik und deinen Komfort?

Was bedeutet Links- oder Rechtshandbogen?

Grundlegende Definition

Ein Rechtshandbogen ist so konstruiert, dass du ihn mit der linken Hand am Griff hältst, während deine rechte Hand die Sehne auszieht. Der Pfeil wird dabei links am Bogenfenster angelegt. Bei einem Linkshandbogen ist es umgekehrt: Du hältst den Bogen mit der rechten Hand und ziehst die Sehne mit der linken. Der Pfeil liegt hier rechts vom Mittelstück an.

Diese Zuordnung entsteht durch die Architektur des Bogenmittelteils (Mittelstück oder „Riser“) und die Pfeilauflage. Die Pfeilauflage und das Bogenfenster sind bei einem Rechtshandbogen auf der linken Seite des Mittelstücks angeordnet, bei einem Linkshandbogen auf der rechten. Dadurch ergibt sich ein ergonomisch optimiertes Handling entsprechend der dominanten Hand des Schützen.

Wichtige Anmerkung

Es geht nicht primär darum, ob du Rechts- oder Linkshänder bist – auch wenn diese Zuordnung oft nahelegt, dass ein Rechtshänder einen Rechtshandbogen verwendet. Tatsächlich spielt nicht nur deine Schreibhand eine Rolle, sondern auch dein dominantes Auge und dein individuelles Körpergefühl beim Ausziehen der Sehne.

Händigkeit vs. Dominantes Auge

Dominantes Auge – warum es wichtig ist

Ein oft unterschätzter Faktor beim Bogenschießen ist das dominante Auge. Beim Zielen verlässt du dich zwar hauptsächlich auf deinen muskulären Bewegungsablauf und die Gewohnheiten deiner Hände, aber die Zielerfassung erfolgt mit den Augen. Jeder Mensch hat in der Regel ein dominantes Auge, das beim Fokussieren von Objekten „die Führung“ übernimmt. Wenn dein dominantes Auge mit der Hand, die die Sehne auszieht, harmoniert, kann das dein Schießen stabilisieren und deine Trefferquote verbessern.

Rechtsdominantes vs. linksdominantes Auge

  • Rechtsdominantes Auge: Wenn dein rechtes Auge dominiert, profitierst du oft von einem Rechtshandbogen, da du den Pfeil auf der linken Seite des Bogens siehst und dein rechtes Auge gerade über den Pfeilschaft hinweg zielen kann.
  • Linksdominantes Auge: Umgekehrt ist bei einem linksdominanten Auge ein Linkshandbogen häufig vorteilhaft, da dann das linke Auge optimal über den Pfeil ausgerichtet ist.

Wie findest du dein dominantes Auge heraus?

Eine einfache Methode: Halte deine Hände vor dir, forme mit Daumen und Zeigefingern beider Hände ein kleines Dreieck oder ein Loch und fokussiere ein entferntes Objekt durch dieses Loch. Schließe dann nacheinander das rechte und das linke Auge. Das Auge, mit dem sich das anvisierte Objekt nicht verschiebt, ist dein dominantes Auge.

Wie entscheide ich, ob ich einen Links- oder Rechtshandbogen brauche?

Einfache Grundregel

Die einfache, oft gegebene Empfehlung lautet:

  • Bist du Rechtshänder und hast ein rechtsdominantes Auge? Dann wähle einen Rechtshandbogen.
  • Bist du Linkshänder und hast ein linksdominantes Auge? Dann wähle einen Linkshandbogen.

Doch was ist, wenn diese Faktoren nicht übereinstimmen? Zum Beispiel, wenn du Rechtshänder bist, aber ein linksdominantes Auge hast (oder umgekehrt)? Dann musst du abwägen, ob du dich lieber der Auge-Hand-Koordination oder deiner natürlichen Händigkeit anpasst. In vielen Fällen lohnt es sich, sowohl einen Links- als auch einen Rechtshandbogen auszuprobieren, um herauszufinden, mit welcher Kombination du dich wohler fühlst und bessere Treffer erzielst.

Tabelle: Entscheidungshilfen zur Auswahl

Dominante Hand Dominantes Auge Empfehlung
Rechts Hand, Rechts Auge Rechtshandbogen Idealer Standardfall
Rechts Hand, Links Auge Rechtshandbogen oder Linkshandbogen testen Anpassen je nach Komfort
Links Hand, Links Auge Linkshandbogen Idealer Standardfall
Links Hand, Rechts Auge Linkshandbogen oder Rechtshandbogen testen Individuelle Lösung

Diese Tabelle dient als Orientierungshilfe, ist aber nicht in Stein gemeißelt. Jeder Schütze hat seine individuellen Vorlieben.

Typische Missverständnisse

Mythos: Ein Rechtshänder braucht immer einen Rechtshandbogen

So einfach ist es nicht. Viele Rechtshänder mit linksdominantem Auge wählen einen Linkshandbogen, weil sie so besser zielen können. Zwar kann es anfangs ungewohnt sein, die Sehne mit der „schwächeren“ Hand auszuziehen, doch mit etwas Training kannst du dich daran gewöhnen.

Mythos: Ein Linkshandbogen ist nur für Linkshänder

Auch das ist nicht zwingend. Manchmal fühlt sich ein Linkshandbogen für einen Rechtshänder mit linksdominantem Auge angenehmer an. Das Wichtigste ist, dass du dich beim Schießen wohlfühlst und ein natürliches, stabiles Schussgefühl entwickeln kannst.

Wie beeinflusst die Wahl des Bogens meine Schusstechnik?

Körperhaltung und Auszug

Wenn du mit der „falschen“ Hand ziehst, kann es anfangs ungewohnt sein. Deine Schulter- und Rückenmuskulatur sind möglicherweise nicht so trainiert, und dein Bewegungsablauf muss sich erst anpassen. Mit konsequentem Training passt sich dein Körper jedoch in der Regel gut an, sodass du bald stabil und gleichmäßig ausziehst.

Zielen und Ankern

Das Zielen wird intuitiver, wenn dominantes Auge und Bogenhand harmonieren. Ein sauberer Ankerpunkt (der Punkt im Gesicht, an dem deine Hand beim Vollauszug immer wieder anliegt) fällt oft leichter, wenn die Hand, mit der du die Bogensehne ziehst, auch im Einklang mit deinem dominanten Auge steht.

Pfeilposition am Bogenfenster

Bei einem Rechtshandbogen liegt der Pfeil links am Bogen an, bei einem Linkshandbogen entsprechend rechts. Diese Position beeinflusst, wie du den Pfeil im peripheren Blickfeld wahrnimmst. Wenn du dich für einen Bogentyp entscheidest, der nicht deiner Händigkeit entspricht, kann es anfangs verwirren, von der ungewohnten Seite zu zielen. Doch auch hier gilt: Training macht den Meister.

Praktische Tipps zur Entscheidungsfindung

Ausprobieren im Fachgeschäft

Der sicherste Weg, herauszufinden, ob du einen Links- oder Rechtshandbogen benötigst, ist das Testschießen. Gehe in ein Bogensport-Fachgeschäft oder einen Verein, in dem du verschiedene Modelle ausprobieren kannst. So spürst du sofort, ob du dich mit dem einen oder anderen System wohler fühlst.

Beratung durch Trainer oder erfahrene Schützen

Erfahrene Bogenschützen oder Trainer können wertvolle Hinweise geben. Sie sehen, wie du den Bogen hältst, wie du die Sehne ausziehst und wie dein Schussablauf wirkt. Ihr geschulter Blick hilft dir dabei, eine fundierte Entscheidung zu treffen.

Keine Angst vor Wechsel

Wenn du bereits mit einem Rechtshandbogen geschossen hast, aber das Gefühl hast, nicht dein volles Potenzial auszuschöpfen, kannst du einen Wechsel in Erwägung ziehen. Es ist zwar eine Umstellung, aber viele Schützen berichten von deutlichen Verbesserungen, nachdem sie auf einen Bogen für die andere Hand umgestiegen sind.

Auswirkungen auf die Ausrüstung

Pfeilauflage und Pfeilführung

Bei einem Linkshandbogen ist die Pfeilauflage auf der anderen Seite des Mittelstücks als bei einem Rechtshandbogen. Das bedeutet, dass du beim Kauf von Pfeilauflagen, Pfeilauflagenplatten oder Pfeilanpassungen darauf achten musst, dass sie für die richtige Bogenausführung gedacht sind.

Visiere und Stabilisatoren

Auch bei Visiereinstellungen kann sich der Unterschied bemerkbar machen. Wenn du ein Visier verwendest (häufiger im olympischen Recurve- oder Compoundbereich), muss dieses für Linkshand- oder Rechtshandbögen passend sein. Viele Hersteller bieten ihre Produkte in beiden Ausführungen an.

Gebrauchtkauf und Umrüstungen

Wenn du einen gebrauchten Bogen kaufst, achte genau darauf, ob es sich um ein Links- oder Rechtshandmodell handelt. Ein Mittelstück einfach „umzudrehen“ ist in der Regel nicht möglich, da die Bearbeitung des Bogenfensters, die Griff- und Auflagepositionen darauf ausgelegt sind, für die jeweilige Hand passend zu sein.

Sonderfälle und Ausnahmen

Ambidextrische Schützen

Manche Menschen sind in vielen Handlungen beidhändig geschickt (ambidexter). Das kann es ihnen leichter machen, auf einen Linkshandbogen umzusteigen, selbst wenn sie Rechtshänder sind. Ambidextre Schützen verfügen oft über eine hohe Flexibilität in der Umstellung, weil ihnen bestimmte Bewegungsabläufe von beiden Seiten vertraut sind.

Traditionelles Bogenschießen

Im traditionellen Bogenschießen (z. B. mit Langbogen oder Reiterbogen) kommt es weniger auf die Ausrichtung des Bogens als auf dein Körpergefühl an. Manche traditionellen Bögen sind sogar symmetrisch gebaut, sodass sie theoretisch von beiden Seiten geschossen werden können. Allerdings ist auch hier eine klare Tendenz zu einer bestimmten Handseite bei den meisten Schützen vorhanden.

Kinder und Anfänger

Bei Kindern und absoluten Anfängern lohnt es sich besonders, früh auf die richtige Ausrichtung des Bogens zu achten. Wer von Anfang an mit einem passenden Links- oder Rechtshandbogen trainiert, erspart sich spätere Umgewöhnungen. Es ist sinnvoll, Kinder sowohl in Bezug auf Händigkeit als auch auf das dominante Auge zu testen, bevor sie sich auf einen Bogen festlegen.

Mentale Aspekte: Gewohnheit und Komfort

Psychologische Barrieren

Die Umstellung auf einen anderen Bogentyp kann zunächst ungewohnt sein. Wenn du dein ganzes Leben mit rechts geschrieben hast, kann es seltsam erscheinen, einen Linkshandbogen zu verwenden. Doch vergiss nicht, dass das Bogenschießen ein Sport mit eigenen Regeln ist, in dem andere Anforderungen an deinen Körper gestellt werden als beim Schreiben.

Lange Sichtweise

Langfristig geht es darum, konstant gute Treffer zu erzielen und deine Technik so weit zu perfektionieren, dass du dich auf deinen Schussablauf verlassen kannst. Wenn ein Linkshandbogen dir auf lange Sicht eine bessere Trefferquote und ein angenehmeres Schießerlebnis bietet, lohnt sich die Anfangsumstellung allemal.

Gesundheitsaspekte

Körperliche Belastung

Die gewählte Handseite beeinflusst, welche Muskeln du besonders beanspruchst. Wenn du zu Beginn ungewohnte Bewegungen ausführst, kann es anfangs zu Muskelkater oder Verspannungen kommen. Mit der Zeit passen sich deine Muskeln jedoch an.

Verletzungsprävention

Ein sauberer Schussablauf, bei dem du Auszug und Lösen der Sehne kontrolliert ausführst, ist wichtiger als die reine Wahl des Linkshand- oder Rechtshandbogens. Unabhängig von der Handseite solltest du auf eine gesunde Technik achten, um Schultern, Ellbogen und Handgelenke zu schonen.

Häufige Fragen (FAQ)

Ist es schwer, von Rechtshand auf Linkshand umzusteigen?

Es erfordert etwas Geduld und Übung, aber viele Schützen haben diesen Wechsel erfolgreich vollzogen. Dein Körper lernt neue Abläufe, und in wenigen Wochen kann der neue Bogen normal und selbstverständlich wirken.

Kann ich mit einem „falschen“ Bogen trotzdem gut treffen?

Ja, du kannst auch mit einem Bogen, der nicht deiner primären Hand-Seiten-Kombination entspricht, gut treffen. Es ist aber möglich, dass du dein volles Potenzial nicht ausschöpfst oder mehr Aufwand betreiben musst, um konstante Ergebnisse zu erzielen.

Sind Linkshandbögen seltener oder teurer?

Das Angebot an Rechtshandbögen ist tendenziell größer, da die Mehrheit der Schützen Rechtshänder ist. Linkshandbögen sind aber keinesfalls exotisch. Seriöse Hersteller und Händler bieten meist beide Varianten an, die Preise unterscheiden sich in der Regel nicht.

Beispiele für Schützen mit unterschiedlicher Hand-Augen-Dominanz

Stell dir drei Schützen vor:

  • Schütze A: Rechtshänder, rechtsdominantes Auge. Er wählt einen Rechtshandbogen und kommt problemlos zurecht. Die Lernkurve ist relativ kurz, und er erzielt schnell gute Treffer.
  • Schützin B: Rechtshänderin, aber linksdominantes Auge. Zunächst versucht sie es mit einem Rechtshandbogen, hat aber Schwierigkeiten, konstant zu treffen. Nach dem Wechsel auf einen Linkshandbogen verbessert sich ihre Trefferquote deutlich, und sie fühlt sich beim Zielen sicherer.
  • Schütze C: Linkshänder, rechtsdominantes Auge. Nach einigen Tests merkt er, dass ein Linkshandbogen zwar seiner Händigkeit entspricht, er aber mit dem dominanten rechten Auge nicht optimal zielt. Er beschließt, bei einem Linkshandbogen zu bleiben und trainiert gezielt seine Zieltechnik, bis er stabile Treffer erzielt.

Fazit

Die Frage, ob du einen Linkshand- oder Rechtshandbogen verwenden solltest, ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Nicht allein deine Schreibhand, sondern auch dein dominantes Auge und dein individuelles Körpergefühl spielen eine wichtige Rolle. Die ideale Lösung kann daher von Person zu Person variieren.

Der beste Weg ist, verschiedene Kombinationen auszuprobieren. Besuche ein Fachgeschäft, lass dich von Trainern beraten und teste, ob du mit einem Links- oder einem Rechtshandbogen besser zurechtkommst. Habe dabei keine Scheu, von gewohnten Mustern abzuweichen. Manchmal kann die vermeintlich „unlogische“ Wahl langfristig zu besseren Resultaten und mehr Schießkomfort führen.

Denke daran: Am Ende zählt nicht, ob du mit links oder rechts spannst, sondern ob du dich beim Schießen wohlfühlst, deine Technik sauber umsetzen kannst und die Pfeile präzise ins Ziel bringst. Wenn das Ergebnis stimmt, ist es egal, welche Hand am Griffstück und welche an der Sehne ist. Das ist die wahre Essenz des Bogenschießens – die Freude am präzisen Schuss und am ständigen Verbessern deiner Fähigkeiten.